Zahl der Anfragen steigt stetig –
Judith Bojer von der Lebens- und Paarberatung der Diakonie zieht Bilanz.

Die beiden Sozialpädagoginnen Anja Mählmann (l.) und Judith Bojer beraten Hilfesuchende aus dem gesamten Emsland und der Grafschaft Bentheim.

Meppen (au) – Seit einem Jahr gibt es die Lebens- und Paarberatung des Diakonischen Werkes Emsland-Bentheim in der Schützenstraße 16. Leiterin Judith Bojer zieht eine positive Bilanz. Die Zahl der Anmeldungen und Beratungen nimmt konstant zu.

„Es zeigt sich jetzt schon, wie gut die Beratungsstelle nach einem Jahr angenommen wird“, sagt Bojer. Hilfesuchende aus dem gesamten Emsland und der angrenzenden Grafschaft kommen mit den unterschiedlichsten Anliegen zu ihr in die Sprechstunde. „Meine Erfahrung ist, dass die Hemmschwelle sich beraten zu lassen, bei Menschen mit Problemen heute längst nicht mehr so hoch ist wie früher. Zu uns kommen Leute wie du und ich“, weiß die ausgebildete Therapeutin und Beraterin.

Die häufigsten Gründe, warum Männer und Frauen in die Lebensberatung kommen, sind zur Zeit Probleme am Arbeitsplatz, das Verarbeiten einer Trennung, belastende Stresssituationen, Ängste jeglicher Art, psychosomatische Beschwerden. Rat finden Besucher auch in grundlegenden Fragen, wie die Suche nach dem Lebenssinn oder einer kompletten Neuorientierung im Leben. Es kommt auch vor, so Bojer, dass Hilfesuchende nicht wegen aktueller Probleme kommen, sondern wegen weit zurückliegender Ereignisse, die sie bis heute belasten – das können ein früher Verlust eines Elternteils oder andere traumatische Erlebnisse in der Kindheit sein.

In der Paarberatung sind es Beziehungsprobleme aller Art, die Verheiratete oder Nicht-Verheiratete in die Sprechstunden bringen. Die meisten kommen, weil sie ihre Beziehung retten wollen. Diese ist in vielen Fällen schwer belastet - durch immer häufigere und heftigere Streits. Durch neue, ungeklärte Lebensabschnitte –ein Kind geht aus dem Haus oder einer der beiden Partner geht in den Ruhestand- ändert sich die Lebenssituation. Oder auch durch sexuelle Probleme. Auch wenn es noch so sehr kriselt, scheuen viele Paare den letzten Schritt der Trennung und versuchen es nochmal. Dabei hilft ihnen dann Judith Bojer. Auf ihre Weise. „Ich habe nicht die einzige wahre Ideallösung. Ich kann den Leuten nicht sagen: Ihr macht jetzt das und das und alles wird wieder gut.“ Die Beraterin hört zunächst gut zu und arbeitet dann die Wurzeln des Konflikts auf und appelliert auch an Eigenverantwortung. „Das eigentlich Wichtige geschieht dann nach dem Termin bei den Ratsuchenden zu Hause. Oft passiert es, dass Paare wieder zueinander finden, wenn die Beraterin die beiden Partner an den Anfang ihrer Beziehung erinnert. „Ich arbeite die Geschichte der Beziehung auf und frage: Warum habt ihr euch damals eigentlich ineinander verliebt? Wie habt ihr es geschafft, so lange zusammen zu sein? Das hilft ganz oft, die Beziehung wieder zu kitten“, erzählt Judith Bojer. Die Therapeutin verschweigt nicht, dass Paarberatung auch Trennungsberatung sein kann - wenn auch deutlich seltener. Das heißt, das Auseinandergehen ist beschlossen und die beiden Partner wollen sich Ratschläge für die Zeit danach holen.

Ein Vorurteil ist es laut der Expertin, dass in der Paarberatung die Frauen die Initiative zum Gang in die Beratungsstelle haben und die Männer mehr oder weniger widerwillig mitkommen. „Ich hab hier oft Paare sitzen, bei denen der Mann die antreibende Kraft ist“, sagt Bojer. Auch sind schon gleichgeschlechtliche Paare bei ihr in der Sprechstunde gewesen. „Die haben genau dieselben Probleme, wie andere Paare auch“, ist ihre Erfahrung. Einen Unterschied hat die Pädagogin zwischen älteren und jüngeren Paaren festgestellt: „Bei Älteren geht es oft um verkrustete Strukturen, die sich in den Jahren aufgebaut haben. Jüngere lassen sich meistens eher prophylaktisch beraten. Sie sind noch nicht so lange zusammen und wollen wissen, wie sie am besten zusammen die Zukunft meistern können.“

Die Erstgespräche sind kostenlos. In der Paarberatung werden die Ratsuchenden danach um einen Beitrag von 20 Euro pro Sitzung gebeten. „Es wird bei uns aber keiner abgewiesen. Auch wer kein Geld hat, wird bei uns beraten.“ Auch wenn die Diakonie unter kirchlicher Trägerschaft steht, die des evangelischen Kirchenkreises Emsland-Bentheim, dürfen auch gerne Konfessionslose oder Angehörige anderer Religionen kommen. Eine Beratungseinheit dauert ca. eine Stunde. Die Wartezeit auf einen Termin ist mit zwei bis drei Wochen im Vergleich zu anderen Stellen kurz.

Verstärkung hat Judith Bojer zu Jahresanfang durch Anja Mählmann bekommen, die seit 2005 für das Diakonische Werk in der Schwangeren- und Konfliktberatung tätig ist und die Beratungsstelle in Nordhorn leitet.

Quelle: EL Kurier Meppen 28.01.2018